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PERCHTENBRAUCH
in Bayern


Masken, Trommeln, Gesang und Tanz – Macht und Zauber

Herausgeber: Perschten-Stiftung Kirchseeon
194 Seiten, 23x28 cm, ISBN 3-00-014309-2






Dieses Buch ist aus dem Bedürfnis heraus entstanden, allen Interessierten und natürlich auch uns selbst eine Informationsgrundlage zum Perchtenbrauchtum zu schaffen. Wir wollten das, was wir tun, selbst besser verstehen lernen und anderen verständlich machen. Dabei lag es weder in unserer Intension noch war es uns möglich, das Thema „Perchtenbrauch in Bayern“ mit all seinen vielfältigen Randbereichen in seiner Gesamtheit allumfassend darzustellen. Dies hätte den von uns gesteckten Rahmen des vorliegenden Buches gesprengt. Uns kam es vor allem darauf an, die wesentlichen Themen aufzuzeigen, um zu eigenen Forschungen anzuregen. Auch war es nicht unsere Absicht, ein streng wissenschaftliches Werk zu erstellen, vielmehr wollten wir das Wirken des Perschtenbund Soj mit den hier zu Grunde gelegten Quellen in Einklang bringen. Man mag uns daher verzeihen, wenn wir im Beitrag „Perchtengruppen in Bayern“ nicht alle tatsächlich in unserer Region vorhandenen Perchtenvereine und -gruppierungen bzw. -bünde erfasst haben. Hierin sehen wir allerdings eine Aufgabe für die Zukunft. (Die Redaktion)


INHALTSVERZEICHNIS


Heit is Rauhnacht!



Wer hat‘s aufbracht? (Hans Reupold jun.)



Vom Schemel zum Eckstein (Hans Reupold sen.)



Dr. Heinrich Kastner – ehem. Kreisheimatpfleger (Markus Krammer)



Hans Reupold – Der Perchtenvater (Tina Heiler, Elisabeth Mehlstäubl, Hans Reupold jun.)






Vom Perchtenbrauchtum



Brauchtum in der Gesellschaft (Stefan Hirsch)



Von Brauch und Tradition (Hans Reupold jun.)



Was sind Perchten? (Hans Reupold jun.)



Percht, Beascht oder wie? (Hans Reupold sen.)



Geschichte und Gegenwart des Perchtenbrauchtums (Ludwig Saur)



Perchtengruppen in Bayern (Ludwig Saur)



Frau Percht, d‘Luzi und dös wuide G‘joad (Markus Krammer)



Frau Percht als Mythos (Ernst Weeber)






Die Kirchseeoner Perchten



Der Perchtenlauf (Hans Reupold jun., Wolfgang Uebelacker)



Die Perchtenfamilie (Detlev Kalweit)



Das Schnitzen der Masken (Klaus Seidinger)



Das Bemalen der Masken (Herbert Schafbauer)



Die Gewänder (Johanna Killi)



Die Instrumente (Hans Reupold sen., Rainer Eglseder)



Wissenswertes über Perchtentänze (Hans Reupold sen.)



Die Kirchseeoner Perchtentänze (Arbeitskreis)






Perschtenbund Soj – rund ums Jahr



Was machen die Perchten im Sommer? (Detlev Kalweit)



Die Badstube – unser Vereinsheim (Wolfgang Uebelacker)



Verkleidung anderer Art (Rainer Eglseder)



Der Schnitzerlehrling (Herbert Schafbauer)



Die guten Geister im Haus (Herbert Schafbauer)



Der Arbeitskreis (Petra Bommel)



Der Perchtenverein im Spiegelbild der Bevölkerung (Ursula Bittner)



Streifzug durch die Vereinsgeschichte (Rainer Eglseder)



Der Perschtenbund Soj in den Medien (Rainer Eglseder)






Der kleine Unterschied



Wann ist man Percht? (Hans Reupold sen.)



Epilog (Die Redaktion)






Verzeichnisse



Autoren, Impressum, Literatur- und Bilderverzeichnis


LESEPROBE


Was sind Perchten?






Wenn Fremde Zeugen eines Laufens der Perchten werden, fragen sie sich sicherlich, was das soll. Es mag sogar sein, dass sie es ablehnen, sei es aus religiösen Gründen oder weil sie es für einen Klamauk ohne altehrwürdige Tradition bzw. wissenschaftliches Fundament ansehen. Andere hingegen, die vom absonderlichen Treiben fasziniert sind und bei denen dieses Brauchtum ihr Interesse weckt, stellen uns immer wieder die Frage: „Was sind Perchten?“






Zugegeben, darauf eine erschöpfende Antwort zu geben, ist gar nicht so leicht. Wissenschaftler würden eine Definition einfordern und auch der allgemein Interessierte ist gewiss dankbar für eine derartige Hilfe. So möchte ich mit den nachfolgenden Worten den Versuch einer Deutung unternehmen:






Perchten, im engeren Sinne, sind verkleidete (kostümierte) und vermummte (maskierte) menschliche Personen, die mit ihrem Wirken dem Guten zur Kraft verhelfen und dem Bösen entgegentreten. Indem sie Gesundheit, Glück und Segen für Wald, Fluren und Felder, Haus und Hof sowie deren Bewohner (Menschen wie Tiere) überbringen und Dämonen wie Krankheit, Schaden, Missernten und dergleichen bannen. Ein überlieferter Spruch besagt denn auch: „So hoch wie der Percht springt, so hoch wird im nächsten Jahr das Getreide wachsen“.







Perchten, im weiteren Sinne, sind menschliche Personen, die mit ihrem gesamten Denken und Handeln eine Vorbildfunktion erfüllen, im privaten wie im öffentlichen Bereich. Sie engagieren sich für die sozialen Belange genau so wie für das Kulturelle. Schließlich bedeutet die Übersetzung für Percht (lateinisch – Luzia) „leuchtend, strahlend“ und wie heißt es doch so schön: „Ein leuchtendes Vorbild sein“.






Weil diese formale Erklärung nicht ausreicht, um dem Phänomen der Perchten wirklich auf die Spur zu kommen, gilt es nach ihrem Ursprung zu suchen. Wer sich durch die vorhandene Literatur arbeitet, wird feststellen, dass sich eine Jahrtausende alte Perchten-Tradition nicht ohne weiteres nachweisen lässt. Zwar gibt es Aufzeichnungen im schriftlichen Fundus des Klerus und der weltlichen Obrigkeit, in denen Verbote oder gar Gerichtsurteile vermerkt sind, doch die sind nur wenige Jahrhunderte alt.






Greift man allerdings auf die Figur der „Frau Percht“ zurück, so stellt sich das etwas anders dar. Sie begegnet uns als Wildaberta im 16. Jahrhundert ebenso wie zur Zeit der Inquisition, bei den Germanen (Freyja) wie bei den Römern (Diana). Eines der wahrscheinlich ältesten Dokumente ist uns mit den „Mondseer Glossen“, die um das Jahr 1000 n. Chr. entstanden, erhalten geblieben. Hier wird die Nacht vor Epiphanias als die „Giperchtennacht“ bezeichnet. Der „Perchta“ wurde über die Jahrhunderte geopfert und gehuldigt, wie vereinzelt Schriften über die Verehrung des Volkes bezeugen. Überlieferungen bezeichnen sie als Erdmutter, die über den Umgang der Menschen mit der Natur wacht. Ist sie nicht auch die Mutter, die sich um die ungetauft verstorbenen Kinder, die Heimchen, sorgt – also eine soziale Aufgabe versieht? Vielleicht sind die Perchten ja eine Allegorie dieser Urgöttin, ihre Stellvertreter, wenn sie z.B. den Menschen Fruchtbarkeit zutragen, also vorchristliche Mittler zwischen Göttern und Menschen?






Eine weitere Quelle, für ihren Ursprung, könnten die Sonnwendkulte der Kelten darstellen. Südbayern war nachweislich Stammgebiet der Kelten und über einen langen Zeitraum von ihnen besiedelt. Die Kelten hatten eine besondere Vorliebe für die Nacht. So rechneten sie nicht nach Tagen, sondern nach Nächten. Wie ist es bei uns? Sind es nicht auch die Nächte, in denen das Volk feiert und denen es viel Bedeutung beimisst? Die Losnächte mit ihren Orakeln von Andreas, Nikolaus Luzia, Thomas bis Silvesternacht? Ist sie nicht die Nacht der Nächte, die Weihnacht, die Heilige Nacht? Welche Bedeutung haben seit jeher die Rauhnächte, die Zwölfen, die Dreikönigsnacht? Und geht es nicht weiter mit der Fasnacht, Osternacht, Walpurgisnacht, Veitsnacht, Johannisnacht u.s.w.? Die Lehrmeister der Kelten waren die Druiden, weise Männer, die ob ihres Wissens auch von den Griechen sehr geschätzt waren und denen Aristoteles sogar die Erfindung der Philosophie zuschrieb. Sind die Perchten womöglich Nachfahren der Druiden, wenn sie soziokulturelles Handeln ausüben und ihr Wissen über dieses Brauchtum an die nächste Generation weitergeben? (...)


BEZUGSADRESSE


Perschten-Stiftung Kirchseeon, Rathausstr. 1, 85614 Kirchseeon
EMAIL: info(at)perchten-kirchseeon.de
FAX: 08091 / 563 99 82
Preis: 29,90 EUR + Versandkosten


SIEHE AUCH:


Frau Percht – Göttin im Exil?Das 2. Buch der Perschten-Stiftung Kirchseeon (2006)



Bayerische Rauhnacht – Sagen, Mythen und LegendenDas 3. Buch der Perschten-Stiftung Kirchseeon (2008), siehe: www.perchten-kirchseeon.de > Die Perchtenbücher