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Worldwatch Institute (Hrsg.)
in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung und Germanwatch
Zur Lage der Welt 2005
Globale Sicherheit neu denken

Münster 2005 (
Westfälisches Dampfboot); 350 Seiten; ISBN 3-89691-614-9








Seit den Anschlägen vom 11. September ist Sicherheit ein weltweites Thema. Sie wir in erster Linie als Schutz vor Terror und Gewalt verstanden, der durch den Einsatz von Militär und die internationale Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten gewährleistet werden soll. Der neue Bericht „Zur Lage der Welt“ wendet sich den anderen ernsthaften Bedrohungen globaler Sicherheit zu: Klimawandel, Bevölkerungsexplosion, Waffenhandel, Umweltzerstörung und Epidemien. Und er zeigt mögliche Wege auf in eine sichere Welt für alle.


Worldwatch Institute


Worldwatch ist eine unabhängige, weltweit ausgerichtete Forschungsorganisation für Umweltfragen und Probleme der Sozialpolitik mit Sitz in Washington, D. C. Seine einzigartige Verbindung von interdisziplinärer Forschung und allgemein zugänglichen Publikationen hat das Institut zu einer führenden Autorität gemacht, wenn es um die Belange einer umweltschonenden und sozial gerechten Gesellschaft geht. In den vier Hauptforschungsfeldern des Instituts – Menschen, Natur, Energie und Ökonomie – befassen sich die Forscher von Worldwatch mit einer Vielzahl von Gegenständen wie Bevölkerung, Ernährung, Wasser, Urbanisierung, Meere, Wälder, ansteckende Krankheiten, Bioinvasion, Verschmutzung, Materialgebrauch, Energie, Klimawandel, Transportwesen, Konsum, Sicherheit, Globalisierung und Herrschaft, nachhaltiges Wirtschaften und Informationstechnologie. Jedes Jahr stellt Worldwatch seine Ergebnisse in einigen Publikationen vor, zu denen auch die Jahrbücher State of the World (Zur Lage der Welt) und Vital Signs gehören. Das erste Worldwatch Paper erschien 1975. Seit jenem Jahr hat Worldwatch mehr als 160 Forschungsberichte veröffentlicht, die sich mit vielen der dringlichsten ökonomischen, sozialen und Umweltfragen in der Welt befassen. Das Institut veröffentlichte seinen Jahresbericht „Zur Lage der Welt“ erstmals 1984.


Heinrich-Böll-Stiftung


Die Heinrich-Böll-Stiftung mit Sitz in den Hackeschen Höfen im Herzen Berlins ist eine politische Stiftung und steht der Partei Bündnis 90/Die Grünen nahe. Die Stiftung arbeitet in rechtlicher Selbstständigkeit und geistiger Offenheit. Heinrich Bölls Ermutigung zur zivilgesellschaftlichen Einmischung in die Politik ist Vorbild für die Arbeit der Stiftung. Ihre vorrangige Aufgabe ist die politische Bildung im In- und Ausland zur Förderung der demokratischen Willensbildung, des gesellschaftspolitischen Engagements und der Völkerverständigung. Dabei orientiert sie sich an den politischen Grundwerten Ökologie, Demokratie, Solidarität und Gewaltfreiheit. Die Stiftung engagiert sich in der Welt durch die Zusammenarbeit mit rund 200 Projektpartnern in über 60 Ländern auf vier Kontinenten.


Germanwatch


Seit 1991 setzt sich Germanwatch für eine zukunftsfähige Entwicklung ein. Denn durch karitative Hilfsmaßnahmen allein können soziale und ökologische Katastrophen und allmähliche Verschlechterung der Lebensumstände in Ländern der sogenannten Dritten Welt nicht verhindert werden. Vielmehr muss an den Ursachen gearbeitet werden, die in den globalen Wirtschaftsstrukturen und der Ungerechtigkeit der Güterverteilung liegen. Politik und Wirtschaft der Industrieländer müssen sich in vielfacher Weise neu orientieren, um zukunftsfähiger zu werden. In diesem Sinne betrachtet Germanwatch auch die Industriestaaten als "Entwicklungsländer". Mit wissenschaftlich fundierten, umwelt- und entwicklungspolitischen Lösungsvorschlägen spricht Germanwatch Regierungs- und Wirtschaftsvertreter persönlich an und findet dort zunehmend Gehör. Ziel von Germanwatch ist nicht nur eine effiziente Arbeit für eine zukunftsfähige Nord-Süd-Politik, sondern die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit für komplexe entwicklungspolitische Themen. Germanwatch versteht sich hier auch als Informant für Presse- und Medienvertreterinnen.


Inhaltsverzeichnis


Vorwort von Michail Gorbatschow



Vorwort zur deutschen Ausgabe: Sicherheit in der einen Welt






Sunita Nurain



Eine Neudefinition der Unsicherheit heißt: die Herausforderungen neu definieren






Anja Köhne



Die Aussen- und Sicherheitspolizik der EU: globaler Vorreiter eines erweiterten Sicherheitsbegriffs?






EINLEITUNG






Michael Renner



KAPITEL 1: Für eine Neudefinition von Sicherheit






Sicherheitslink: Internationales Verbrechen






Lisa Mastny & Richard P. Cincotta



KAPITEL 2: Über den Zusammenhang zwischen Bevölkerungsentwicklung und Konflikten






Sicherheitslink: Umweltflüchtlinge






Dennis Pirages



KAPITEL 3: Der Kampf gegen die Infektionskrankheiten






Sicherheitslink: Bioinvasionen






Danielle Nierenberg & Brian Halweil



KAPITEL 4: Die Nahrungsmittelsicherheit verbessern






Sicherheitslink: Giftige Chemikalien






Aron T. Wolf, Annika Kramer, Alexander Carius & Geoffrey D. Dabelko



KAPITEL 5: Der Streit ums Wasser






Sicherheitslink: Ressourcenreichtum und Konflikte



Sicherheitslink: Der Privatsektor






Thomas Prugh, Christopher Flavin & Janet L. Sawin



KAPITEL 6: Die Abhängigkeit vom Erdöl verringern






Sicherheitslink: Kernenergie






Michael Renner



KAPITEL 7: Die Entmilitarisierung von Nachkriegsgesellschaften






Sicherheitslink: Nukleare Weiterverbreitung



Sicherheitslink: Chemische Waffen






Ken Conca, Alexander Carius & Geoffrey D. Dabelko



KAPITEL 8: Frieden schaffen durch Umweltkooperation






Sicherheitslink: Die ökologischen Folgen des Krieges






Hilary French, Gary Gardner & Erik Assadourian



KAPITEL 9: Wie man die Grundlagen für den Frieden schafft






Anhang: Die Herausgeber, Autorinnen und Autoren


Leseprobe


Vorwort






Vor fünf Jahren haben alle 191 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen sich dazu verpflichtet, bis 2015 acht Milleniumsziele zu erreichen – darunter die Ausrottung der extremen Armut und des Hungers und die Gewährleistung umweltpolitischer Nachhaltigkeit. Diese wichtigen Herausforderungen wurden im Oktober 2004 auf der bahnbrechenden Internationalen Bevölkerungs- und Entwicklungskonferenz in Kairo von Gesundheitspolitikern aus aller Welt erneuert und bekräftigt.






Die übergreifende Einsicht dieser Konferenz war die, dass einerseits zwar beachtliche, wenn auch unstete Fortschritte auf vielen Gebieten gemacht wurden, andererseits aber jeder Optimismus durch die Erkenntnis abgeschwächt werden muss, dass die Erfolge in der weltweiten sozioökonomischen Entwicklung, bei Sicherheit und Nachhaltigkeit nicht die Realitäten überall in der Welt widerspiegeln. In vielen Regionen untergräbt die Armut weiterhin den Fortschritt. Krankheiten wie AIDS sind auf dem Vormarsch und schaffen in vielen Ländern Zeitbomben für die öffentliche Gesundheit. In den vergangenen fünf Jahren sind etwa 20 Millionen Kinder an Krankheiten durch unsauberes Wasser gestorben, und Hunderte von Millionen Menschen leben weiterhin in dem täglichen Elend und der Verwahrlosung, die mit dem Mangel an sauberem Trinkwasser und hinreichender Kanalisation verbunden sind.






Wir müssen diese beschämenden globalen Ungleichheiten erkennen und anfangen, ernsthaft gegen sie vorzugehen. Ich bin sehr erfreut, dass der Friedensnobelpreis 2004 an Wangari Maathai vergeben wurde, eine Frau, deren persönliche Anstrengungen, Führungskraft und praktische Gemeindearbeit in Kenia und anderswo in Afrika uns alle beflügeln, weil sie zeigt, dass wirkliche Fortschritte bei der Sicherheit der Umwelt und der nachhaltigen Entwicklung gemacht werden können, wenn Menschen den Mut zum Neuen haben.






Die Menschheit hat die einzigartige Möglichkeit, das 21. Jahrhundert zu einem Jahrhundert des Friedens und der Sicherheit zu machen. Aber schon scheinen die vielen Möglichkeiten, die sich für uns nach dem Ende des Kalten Krieges auftaten, zum Teil verspielt zu sein. Wo ist die „Friedensdividende“ geblieben, für die wir so hart gearbeitet haben? Warum spielen regionale Konflikte und der Terrorismus in der heutigen Welt eine so beherrschende Rolle? Und warum haben wir in Richtung Milleniumsziele keine größeren Fortschritte gemacht?






Die furchtbaren Tragödien des 11. September 2001, die Terrorakte in Beslan 2004 und die vielen anderen des letzten Jahrzehnts in Japan, Indonesien, dem Mittleren Osten, Europa und anderswo haben uns insgesamt zu Bewusstsein gebracht, dass wir auf den Umgang mit den neuen Bedrohungen nicht hinreichend vorbereitet sind. Bessere Vorbereitung bedeutet aber, ganzheitlicher zu denken und nicht in den alten Begriffen des Kalten Krieges.






Ich glaube, dass die Welt sich heute drei miteinander verbundenen Bedrohungen gegenübersieht: der Herausforderung auf dem Gebiet der Sicherheit, die die Risiken durch Massenvernichtungswaffen und Terrorismus einschließt; der Herausforderung durch Armut und Unterentwicklung und der Herausforderung umweltpolitischer Nachhaltigkeit.






Die erste Herausforderung muss zuallererst durch die Sicherstellung und Zerstörung der Arsenale von Massenvernichtungswaffen beantwortet werden. Sowohl Russland als auch die Vereinigten Staaten haben zahlreiche positive Schritte in dieser Richtung unternommen. Aber wir müssen die Anstrengungen zur Nichtweiterverbreitung und Demilitarisierung beschleunigen und gefahrenreduzierende Programme in der ganzen Welt entwickeln und durchsetzen, wenn wir wirklich erfolgreich sein wollen.






Die Industrienationen der Welt müssen außerdem mehr Mittel für die ärmsten Länder und Regionen des Erdballs zur Verfügung stellen. Die offizielle Entwicklungshilfe der Industriestaaten macht noch immer nur einen winzigen Prozentsatz des jeweiligen Bruttosozialprodukts aus und reicht in keiner Weise an die Zusagen heran, die vor über einem Jahrzehnt auf dem Umweltgipfel von Rio gemacht wurden. Die wachsende Ungleichheit zwischen den Reichen und den Armen auf unserem Planeten und die falsche Verwendung bzw. Verschwendung beschränkter Ressourcen für Konsumismus und Krieg dürfen nicht weiter fortschreiten. Sollten sie es doch tun, müssen wir mit noch größeren Herausforderungen und Bedrohungen rechnen.






Wir müssen endlich erkennen, dass die Ressourcen der Erde begrenzt sind. Diese begrenzten Ressourcen zu verschwenden heißt, sie in vorhersehbarer Zukunft zu verlieren, mit möglicherweise schrecklichen Konsequenzen für alle Regionen der Welt. Zum Beispiel werden in den ärmsten Ländern zunehmend Wälder vernichtet. Selbst in Kenia, wo Wangari Maathai geholfen hat, mehr als 30 Millionen Bäume zu pflanzen, ist die bewaldete Fläche zurückgegangen. Die weltweite Wasserkrise ist ebenfalls eine der großen Herausforderungen der Menschheit. Vier von zehn Menschen auf der Welt leben in Flussgebieten, die von zwei oder mehr Ländern geteilt werden, und der Mangel an Zusammenarbeit zwischen denen, die diese kostbaren Wasserreservoire teilen, senkt den Lebensstandard, führt zu verheerenden Umweltproblemen und trägt sogar zu gewaltsamen Konflikten bei. Aber vor allem müssen wir uns der Gefahren des Klimawandels bewusst werden und mehr Mittel für die enorm wichtige Suche nach alternativen Energien zur Verfügung stellen.






Aus Gründen wie diesen habe ich vor 12 Jahren das Internationale Grüne Kreuz gegründet und plädiere weiterhin für einen weltweiten Wertewandel in unserem Umgang mit der Erde, für ein neues Verständnis weltweiter gegenseitiger Abhängigkeit und für eine geteilte Verantwortung im Verhältnis des Menschen zur Natur. Aus diesen Gründen habe ich auch geholfen, eine „Erdchartaabzufassen, einen Kodex ethischer Grundsätze, dem sich inzwischen über 8000 Organisationen angeschlossen haben, die mehr als 100 Millionen Menschen auf der ganzen Welt repräsentieren. Und aus diesen Gründen haben Maurice Strong, Vorsitzender des Earth Council, und ich die „Earth Dialogues“ initiiert, eine Reihe öffentlicher Foren zur Ethik und zur nachhaltigen Entwicklung.






Wir brauchen heute eine weltweite Glasnost – Offenheit, Transparenz und öffentlichen Dialog – auf der Seite der Länder, der Regierungen und Bürger, um für diese Herausforderungen einen Konsens zu schaffen. Und wir brauchen eine Politik „präventiven Engagements“: internationale und individuelle Solidarität und Aktion, um den Herausforderungen der Armut, Krankheit, Umweltzerstörung und des Konflikts in nachhaltiger und gewaltfreier Art und Weise zu begegnen.






Wir sind die Gäste, nicht die Herren der Natur und müssen ein neues Paradigma für Entwicklung und Konfliktlösung entwickeln, das auf Kosten und Nutzen aller Völker basiert und eher durch die Grenzen der Natur bestimmt ist als durch die Grenzen der Technologie und des Konsumismus. Ich freue mich, dass das Worldwatch Institute in seinem jährlichen Bericht Zur Lage der Welt sich weiterhin diesen wichtigen Herausforderungen und Zielen widmet. Ich bitte alle Leser inständig, nach der Lektüre dieses Bandes sich ihrer ganz persönlichen Handlungsverpflichtungen bewusst zu werden. Nur mit der aktiven und hingebungsvollen Teilhabe der Zivilgesellschaft können wir darin erfolgreich sein, eine nachhaltige, gerechte und friedliche Welt für das 21. Jahrhundert und darüber hinaus aufzubauen.






Michail S. Gorbatschow



Vorsitzender Internationales Grünes Kreuz


Siehe auch


Weitere Leseproben



Zur Lage der Welt – Jahresberichte – Übersicht