langelieder > Bücherliste > Werner et al. 2012




Götz Werner, Wolfgang Eichhorn, Lothar Friedrich (Hrsg.)
Das Grundeinkommen

Würdigung – Wertungen – Wege


Karlsruhe 2012 (KIT Scientific Publishing); 372 Seiten; ISBN 978-3-86644-873-5








Das Buch umfasst 25 Beiträge von Wissenschaftlern verschiedenster Disziplinen zum Thema Grundeinkommen und ein Essay aus der Sicht eines Künstlers. Alle Arbeiten widmen sich dem Ziel der Verbesserung der Wohlfahrt der Gesellschaft und ihrer Glieder. Die Autoren sind überzeugt, dass die Einführung von Grundeinkommen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht einen bedeutenden Beitrag zur Lösung der großen gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit wie Arbeitslosigkeit, Armut, Menschenwürde, wachsende Ungleichheit der Einkommensverteilung leisten kann.

Im Buch werden insbesondere Wege vorgezeichnet, wie die Arbeitsmärkte der Gegenwart, die allesamt Zerrbilder eines marktwirtschaftlichen Austauschs von Angebot an und Nachfrage nach Arbeit sind, endlich innerhalb eines neuen Ordnungsrahmens freie, gut funktionierende Märkte im Sinne einer Sozialen Marktwirtschaft werden können. Aus Sicht der Herausgeber steht die wirtschafts- und sozialpolitische Innovationskraft von Grundeinkommen auf einer Stufe mit den Bismarckschen Reformen der Sozialgesetzgebung Ende des 19. Jahrhunderts und kann im Vergleich mit der im Titelbild symbolisierten kopernikanischen Weltbild-Wende des ausgehenden 15. Jahrhunderts als sozialpolitische Wende des 21. Jahrhunderts eingeschätzt werden.


Wolfgang Eichhorn


Professor Dr.rer.nat. Dr.rer.pol.h.c.mult; Habil. in Mathematik; Emeritus, ehem. Leiter des Instituts für Wirtschaftstheorie und Operations Research der Universität Karlsruhe (TH), jetzt KIT (Karlsruher Institut für Technologie). Forschungsarbeiten in Mathematik, Wirtschaftswissenschaften und Statistik, speziell: Produktions-, Preis-, Verteilungs-, Wachstumstheorie, statistische Messkonzepte und Messungen in der Wirtschaft, makroökonomische Aspekte des Risikomanagements. Gutachtertätigkeit u.a. für das Bundeskartellamt, die Munich Re, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und internationale Wissenschaftsverlage.




Lothar Friedrich


Professor Dr.rer.nat. Dr.rer.oec. Dr.sc.oec; Wirtschaftsmathematiker, Promotionen: Mathematische Statistik, Betriebswirtschaft, Habilitation: Volkswirtschaft, em. o. Professor mit Lehrstuhl „Mathematische Methoden in Technologie und Ökonomie“ an der IH Wismar, Berufung zur Akademie der Wissenschaften der DDR. Nach der Wende Professor für Mathematik an der TFH in Westberlin. Langjährige Tätigkeit in Unternehmen der Metallurgie, des Maschinen- und Fahrzeugbaus und der Leistungselektronik. Forschungsgebiete: Mathematische und Angewandte Statistik, Zuverlässigkeits- und Bedienungstheorie, Fertigungsplanung und -steuerung.




Götz W. Werner


Professor und ehemaliger Leiter des Interfakultativen Instituts für Entrepreneurship der Universität Karlsruhe (TH), jetzt KIT (Karlsruher Institut für Technologie). Gründer und Aufsichtsrat von dm-drogerie markt. Einschlägige Forschungsgebiete: Unternehmensführung, Wertbildungsrechnung, Bedingungsloses Grundeinkommen.


Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Übersicht und Einleitung
Übersicht über den Inhalt dieses Buches (G. W. WERNER, W. EICHHORN)
Das Grundeinkommen: Geschichtliche Hinweise und Definitionen (W. EICHHORN, L. FRIEDRICH, A. PRESSE, G. W. WERNER)






Teil I: Würdigung des Grundeinkommens






Würdigung aus anthropologischer Sicht
SASCHA LIEBERMANN: Das Menschenbild des Grundeinkommens – Wunschvorstellung oder Wirklichkeit?
WOLFGANG EICHHORN, ANDRÉ PRESSE: Grundrechte und Grundeinkommen
HANS LENK: Lust auf Leistung – zu fördern durch grundgesichertes Auskommen. Ermöglichung kreativer Eigenleistungen durch ein humanisiertes Leistungsprinzip und garantiertes Grundeinkommen

Würdigung aus gesamtwirtschaftlicher und evolutionsökonomischer Sicht
BENEDIKTUS HARDORP: Steuerreform und Transfereinkommen – stellen wir uns den sozialen wie ökonomischen Aufgaben Deutschlands in Europa?
BERTHOLD U. WIGGER: Konsumsteuern in der Demokratie
GERHARD SCHERHORN: Grundeinkommen und Nachhaltige Entwicklung
UDO MÜLLER: Grundeinkommen aus evolutionsökonomischer Sicht – Wertschöpfungsareal statt Industrieller Reservearmee






Teil II: Wertungen zum Grundeinkommen






Wertungen mit klärenden Worten
MICHAEL BRENNER: Das Solidarische Bürgergeld im Lichte der Grundrechte des Grundgesetzes
PAUL KELLERMANN: Arbeit, Geld und Grundeinkommen – Über sozio-ökonomische Zusammenhänge in Geldgesellschaften
HANS-JÜRGEN ARLT: Erwerbsarbeit und soziale Existenz. Leitbilder von gestern und Werte für morgen
PETER DELLBRÜGGER, PHILIP KOVCE: Von der milden Gabe zur sozialen Aufgabe. Auswirkungen eines Bedingungslosen Grundeinkommens auf die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen sowie die unternehmerische Verantwortung der Gesellschaft
MARKUS RHOMBERG, STEPHANIE STEGERER: „Raum freier Entfaltung“ oder „Arbeiten für Andere“? Eine Diskursanalyse der Öffentlichen Anhörung im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“

Wertungen mit aussagekräftigen Zahlen
WOLFGANG EICHHORN, ANDRÉ PRESSE: Anstieg der Einkommensverteilung-Ungleichheit und der finanziellen Armut in Deutschland. Ermittlung der Kosten eines Übergangs zu armutsfreien Verteilungen
WOLFGANG EICHHORN, ANDRÉ PRESSE: Zur Finanzierung eines finanzielle Armut verbannenden Bedingungslosen Grundeinkommens in der Schweiz
STEFAN D. HAIGNER, STEFAN JENEWEIN, FRIEDRICH SCHNEIDER, FLORIAN WAKOLBINGER: Ergebnisse der ersten repräsentativen Umfrage in Deutschland zum Bedingungslosen Grundeinkommen
HERMANN BINKERT: Ergebnisse einer zweiten repräsentativen Umfrage: Das Bedingungslose Grundeinkommen ist eine Idee, die Informierte überzeugt
RONALD GROSSARTH-MATICEK, HERMANN VETTER, PETAR OPALIC, JOHANNES EURICH, HEINZ SCHMIDT: Informations- und Kommunikationsprozesse in der Urteilsbildung am Beispiel des Bedingungslosen Grundeinkommens (nach Götz W. Werner)






Teil III: Wege zum Grundeinkommen






Vorschläge für erste Schrittfolgen
ALEXANDER SPERMANN: Die ökonomischen Effekte des Bedingungslosen Grundeinkommens sollten durch Feldexperimente erforscht werden
MARKUS RHOMBERG:Sozialstaatsreform in der Mediendemokratie? Rezepte für die Realisierbarkeit eines Grundeinkommens
DIETER ALTHAUS, HERMANN BINKERT: Auf die Tagesordnung der Politik: Bedingungsloses Grundeinkommen, ja bitte!

Quantitative Analyse auf dem Wege befindlicher Grundeinkommenskonzepte
LOTHAR FRIEDRICH: Das Allgemeine Grundeinkommen des Unterstützens, Entlastens und Belastens
LOTHAR FRIEDRICH: Analyse der Einführungskosten, der finanziellen Einführungsaufwendungen, der Finanzierbarkeit und der volkswirtschaftlichen Wirksamkeit von Grundeinkommenskonzepten
LOTHAR FRIEDRICH: Konsumbesteuerung und Grundeinkommen
LOTHAR FRIEDRICH: Ein Weg zu einem kostengünstigen Bedingungslosen Grundeinkommen, das starke Arbeitsanreize bewirken, die Armut zurückdrängen und das Steuersystem vereinfachen kann
WOLFGANG EICHHORN: Deutschland ohne finanzielle Armut und mit Bedingungslosem Grundeinkommen: Ein Weg zu diesen Zielen.






Die Autor(inn)en

Anhang:
Bemerkung der Herausgeber
JOHANNES STÜTTGEN: Das Grundrecht auf Einkommen und die „Direkte Demokratie“


Leseprobe


Vorwort






Den Einband dieses Buches schmückt Camille Flammarions berühmter Holzstich, der 1888 in Paris entstand. Dieses Bild symbolisiert den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit am Ende des 15. Jahrhunderts, nämlich die Wende vom geo- zum heliozentristischen Weltbild. Unsere Erde verlor damals ihre als sicher geltende Fixierung als Scheibe mit Himmelskuppel und galt nun als eine Kugel, die sich um eine durch ihren Mittelpunkt gehende Achse drehend auf einer Bahn um die feststehende Sonne befindet. Die kopernikanische (Nikolaus Kopernikus, 1473-1543) Wende revolutionierte die Astronomie und darüber hinaus die Naturwissenschaften.

Die Menschen mussten Abschied nehmen von ihrer Vorstellung eines sicheren Stehens auf meist festem Boden, überwölbt von einer mit Mond und Sternen geschmückten Himmelskuppel, von der aus die Sonne Licht und Wärme spendet. Diese traurige Abschiedsstimmung gesellte sich zu dem, was die meisten Menschen schon immer begleitete: Armut und Hunger, vor allem bei Krankheit, Unfall, Invalidität und Alter.

Es dauerte fast 400 Jahre, bis auf dem Feld der Gesellschaft und des Sozialen eine ähnlich gravierende Wende eintrat wie die kopernikanische in der Astronomie. Nun war es Otto von Bismarck (1815-1898), der in Deutschland im Zuge zahlreicher Sozialgesetze 1883 die Kranken-, 1884 die Unfall-, 1889 die Alters- und Invaliditätssowie 1891 die Rentenversicherung einführte. Der Sozialstaat und damit ein neues, menschlicheres System der Gesellschaft war geboren und bildete wegen seines bestechenden Vorbildcharakters die Grundlage für nachziehende Sozialsysteme in vielen anderen Staaten.

Inzwischen sind weitere 120 bis 130 Jahre vergangen. In den meisten entwickelten Ländern besteht für jede Person eine Grundsicherung, die das Existenzminimum oder sogar ein bisschen mehr garantiert. Die Wohlhabenden und die Politiker sollten sich dennoch nicht zufrieden zurücklehnen, denn es ist noch viel zu tun:

(1) Verbannung der Armut: Trotz Grundsicherung liegt je nach international vereinbarten Definitionen in den meisten entwickelten Ländern der Anteil der Armen bei sieben bis fünfzehn Prozent der Bevölkerung, und zwar mit zunehmender Tendenz.

(2) Wahrung der Würde: Die Armen – oft mit Arbeit, aber nicht mit auskömmlicher Erwerbsarbeit gesegnet – fühlen sich sozial ausgegrenzt und durch die Prozedur zur Erlangung der Grundsicherung um ihre Würde gebracht.

(3) Verhinderung des weiteren Wachsens der Ungleichheit der Einkommensverteilung: Diese hat inzwischen ein Ausmaß erreicht, das selbst die Chancen für (nur noch) qualitatives Wirtschaftswachstum einschränkt, ganz zu schweigen von der Gefahr sozialer Unruhen.

Die 25 Beiträge zu diesem Band von Wissenschaftlern verschiedenster Disziplinen sowie ein Essay aus der Sicht eines Künstlers befassen sich im Grunde mehr oder weniger mit dem Problem der Verbesserung der Wohlfahrt der Gesellschaft und ihrer Glieder. Der zentrale Begriff in diesem Zusammenhang ist der des Grundeinkommens (englisch: basic income, französisch: revenu de base, spanisch: renta basica universal, italienisch: reddito di base), der je nach qualitativem bzw. quantitativem Inhalt die volle oder eine teilweise Lösung der Probleme (1), (2), (3) ermöglicht. Und noch eine epochale Innovation kann so erreicht werden: Die Arbeitsmärkte der Gegenwart, die allesamt Zerrbilder eines freien Austauschs von Angebot an und Nachfrage nach Arbeit im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft sind, können innerhalb eines neuen Ordnungsrahmens freie, gut funktionierende Märkte werden; liegt das Grundeinkommen über der Armutsgrenze, können die arbeitnehmende und die arbeitgebende Seite auf gleicher Augenhöhe frei verhandeln, und Neinsagen ist wie auf jedem freien Markt möglich.

Aus Sicht der Herausgeber steht die wirtschafts- und sozialpolitische Innovationskraft von Grundeinkommen auf einer Stufe mit den oben erwähnten Bismarckschen Reformen der Sozialgesetzgebung Ende des 19. Jahrhunderts und kann im Vergleich mit der auf dem Bucheinband symbolisierten kopernikanischen Weltbild-Wende des ausgehenden 15. Jahrhunderts als sozial-, kultur- und wirtschaftspolitische Wende des 21. Jahrhunderts eingeschätzt werden.

Ein herzlicher Dank gilt allen, die mit ihren Beiträgen diesen Band wertvoll gemacht haben. Wir danken auch Frau Regine Tobias und Frau Brigitte Maier von KIT Scientific Publishing für die hervorragende verlegerische Betreuung sowie Frau Ulrike Maus für die exzellente Unterstützung durch Lektorat und Gestaltung des Layouts.

Götz W. Werner, Wolfgang Eichhorn, Lothar Friedrich






Der komplette Text des Buches kann hier als PDF-Datei heruntergeladen werden:
http://digbib.ubka.uni-karlsruhe.de/volltexte/1000028770






Bei Textübernahmen beachten: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/


Siehe auch


Götz Werner & Adrienne Goehler: 1000 € für jeden – Freiheit. Gleichheit. Grundeinkommen



Götz W. Werner: Einkommen für alle – Der dm-Chef über die Machbarkeit des bedingungslosen Grundeinkommens



Götz W. Werner: Ein Grund für die Zukunft: das Grundeinkommen – Interviews und Reaktionen



www.archiv-grundeinkommen.de



www.grundeinkommen.de