Weit
is der Weg und friedlos is d‘Welt und i hab mi nachts
ans Fenster gstellt und im Dunkln gwart dass d‘Sonn
aufgeht und zur selben Zeit gfürcht: Es is scho oiß
z‘spät. Koa Mond hat gscheint, koa Stern war zum
sehng und ghört hat ma nix außam Wind und aam
Regn. Und aam
Nachtvogel, der aufgschreckt und gstört sein Ärger
nausschreit daß da unheimlich werd! So a Stimm hast bei
uns bis jetzt no net ghört.
Der Nachtvogel schreit
voller Zorn, voller Hohn. Und mia geht a Liacht auf:
d‘Mitternachtsonn!
Jetzt
wachst aa du auf und fragst: Was is los? I konn net schlaffa,
sag i. Wenn i bloß so aan Schlaf hätt wie du und
net oiwei so gspannt naushorcha müaßat und ruhiger
sei kannt! Hast
recht: Es is gscheita i leg mi zu dir. Der Vogel soi schrein –
solang i di spür. Und
der Nachtvogel, der schreit grad mit Fleiß: Im Osten wia
im Westen nix neis! Der Süden werd abgrammt! Im Norden
schmuizts Eis!
Der
Nachtvogel schreit voller Zorn, voller Hohn. Und mia geht a
Liacht auf: d‘Mitternachtsonn!
Jetzt
hör i‘s pfeifa, a Zug fahrt vorbei in der Fern.
Dees muaß der Wahnsinnszug sei, der Zug voller gscheite
und mächtige Leut, der abgfahrn is Richtung Neuere
Zeit. Der
überoi durchfahrt, nirgends mehr hoit und nirgends mehr
okimmt in unserer Welt. Und
der Nachtvogel schreit: Steig ei! Steig ei! Warum springstn
net auf? Sei doch so frei! Du muaßt einfach bloß
schnell gnua sei!
Der
Nachtvogel schreit voller Zorn, voller Hohn. Und mia geht a
Liacht auf: d‘Mitternachtsonn!
Und
jetzt siehg i‘s kemma ois waars scho wahr, daß dee
gmüatlichen Tag zählt san und gar. Jetzt zählt
bloß no wer‘s schnell gnua dareißt und
aufspringt und liaba wen obischmeißt. Na,
so derf‘s net kemma! Mia san doch imstand daß ma
zammhelfa, Mensch für Mensch, Land für Land! Und
der Nachtvogel singt sei Spottliad und nennt mi aan Gutmensch,
der‘s richtige Lebn net kennt und an d‘Feuerwehr
glaubt, wenn sei Haus brennt!
Der
Nachtvogel schreit voller Zorn, voller Hohn. Und mia geht a
Liacht auf: d‘Mitternachtsonn!
Im
wirklichen Lebn – dees hab i scho gspannt – ziagt
a wuids und grausams Heer übers Land, über alle
Grenzen, nachts und am Tag Sommer und Winter, a furchtbare
Plag. Über
alle Kanäl dringt‘s ei in jeds Hirn! Bloß mei
Vogel, der laßt si jetzt nimma beirrn! Und
der Nachtvogel, der bleibt net aloa: D‘Vögl wern
wach! Jetzt hör i scho zwoa, jetzt sans viere, jetzt
achte im Chor!
D‘Nachtvögel
schrein voller Zorn, voller Hohn. Und mia geht a Liacht auf:
d‘Mitternachtsonn!
In
dera Nacht is was Furchtbars im Gang, aber d‘Vögel
hamms gspannt und wissn‘s scho lang: In dera Nacht miaß
ma rufbereit bleibn und mit unserm Gschrei finstre Geister
vertreibn. Dee
Geister, dee‘s uns nia nimmer erlaubn dass ma aa in der
Nacht no an d‘Sonna glaubn. Und
jetzt hörstas von alle Richtungen her: de aufgwachtn
Vögel werd mehr und mehr, und‘s Wachbleibn foit
scho gar nimmer schwer.
D‘Nachtvögel
schrein jetzt aan taghellen Ton. Und mia geht a Liacht auf:
d‘Mitternachtsonn!
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